Auf meiner Liste stand schon seit einiger Zeit ganz groß geschrieben "Paul McCartney sehen".
Am 3. Dezember 2009, war es soweit.
Gewusst, das Sir Paul eine Tour spielen wird, habe ich schon lange, doch als ich die Ticketpreise sah, war die Sache erstmal gegessen.
Irgendwo hat man ja doch eine Schmerzgrenze.
Tickets von 60-200Euro, da schluckt man erstmal.
Wie gesagt, ich hatte es abgehakt.
Die guten Plätze waren viel zu teuer und schlechte Plätze für 60 Euro sind noch viel schrecklicher.
Zufällig am 2. Dezember, kam ich mit jemanden ins Gespräch, dass doch Paul McCartney demnächst in Berlin spielt. Und ich, als großer Beatles Fan, wäre gern dabei, aber es ist so schweineteuer.
Daraufhin habe ich erstmal erneut gecheckt, wann genau denn das Konzert ist.
MORGEN. Scheiße, dachte ich.
Ich wollte nicht soviel Geld ausgeben, aber irgendeine unsichtbare Macht zog mich zur O2 Arena.
Am selben Abend hab ich nochmal in das Live-Album von 2002 reingehört und danach stand fest, ich kann NICHT nicht gehen.
Also wurde weiterhin Paul McCartney und Beatles auf dem iPod gehört.
Am nächsten Tag, nach Praktikumsschluss, bin ich auf zur O2 Arena.
Vor der Halle suchte ich nach einem Ticket. Es sollte sich aber in Grenzen halten.
Doch ich war auf der anderen Seite schon furchtbar aufgeregt und euphorisch, dass ich sogar glaube ich unmenschliche Preise bezahlt hätte. Mal abgesehen davon, dass ich das Geld gar nicht habe.
Ok, ich fand ein Ticket für einen Sitzplatz im Oberrang. Stolze 85 Euro. Im Gegensatz zu anderen Ticketpreisen einfach nur krank, im Vergleich mit den besseren Sitzplätzen unheimlich günstig.

Natürlich gab es keine Vorband, das würde den Abend ja nur verschlechtern, denn wer sollte es wagen, für Paul McCartney zu eröffnen.
Licht ging aus, das Publikum schrie, Musik fing an und ein Opa in Anzug lief auf die Bühne.
Die Menschen schrien lauter.
Da war er. Das war er. Paul McCartney.
Paul McCartney!!!

Den ich sonst durch meine Kopfhörer höre. Er gehörte zu den Beatles! Das ist er. Er ist The Beatles! Wow, es gibt ihn wirklich. Er ist ein Mensch. Jedenfalls sieht er so aus. Ich konnte es gar nicht glauben. Ich mein, er und die Beatles waren/sind berühmter als Jesus. Da ist er! Gleich singt er und ich kann es hören. Das Leben ist schön. Und Träume werden wahr!
Das ist Paul McCartney.
Ihn als Musiker zu bezeichnen, wagt man nicht mehr. Denn er ist die Musik. Auf der Bühne steigt er zu Höherem auf. Etwas magisches umgibt ihn.
Er begrüßte Berlin, ging zum Mikro. Los gings.
Als zweites Lied gleich für mich ein absoluter Knaller: Drive My Car!
Nachdem Song zog er sein Jackett aus und meinte: "That is the big wardrobe change of the night you know."
Lustig ist er auch noch! Der Typ hat einfach alles. Das gibts doch gar nicht.
Ich stehe immer im Zwiespalt, denn ich nehme gerne meine Lieblingssongs auf, aber auf der anderen Seite ist es auch schön, sie einfach so zu genießen ohne Ablenkung. Doch dann hat man die immerwehrende Erinnerung nicht, jedenfalls nicht in Form eines Videos, anschaubar wann immer man auch will.
Jedenfalls habe ich beschlossen, dass es eine gute Entscheidung war diesmal aufzunehmen. Denn die Videos sind Wahnsinn, Paul McCartney ist Wahnsinn. Wenn ich mir mein Aufgenommenes anschaue, ist Gänsehaut vorprogrammiert und das Wasser steigt in die Augen. Unglaublich.
Er kann ganz allein auf der Bühne stehen, singt ganz allein und nur seine Akustik Gitarre begleitet ihn - man muss weinen. Er hat es. Er hat das, was Menschen glücklich macht. Er selbst meinte, er habe sich damit abgefunden eine lebende Legende zu sein, da er es seinen Fans schuldig ist. Er schreibt seine Setlists nach dem Motto "Was wollen die Leute hören?" und nicht wie viele andere Bands "Ich spiele meine alten erfolgreichen Songs nicht mehr, denn ich habe neue Songs."
Fröhlich und gelassen sprach er mit dem Publikum oder unterhielt sich mit der ersten Reihe, sendete Grüße an uns ganz hinten.
"How are you doing back there? We send greetings to you over there."
Mit "we" meinte er die erste Reihe und sich, denn die waren sozusagen eins.
Man muss dazu sagen, wer erste Reihe war, hatte sich nicht wie bei Green Day 12h vorher angestellt, sondern musste einfach schlappe 190 Euro hinblättern.
Aber was schert das schon echte Fans.
Ich ärgerte mich ein wenig über meinen Platz. Denn es war ja ein Sitzplatz. Ein Sitzplatz im Oberrang. Ok, es gab NUR Sitzplätze, aber dieser war eben echt weit weg. Natürlich geht es um die Musik und die hört man da oben genauso wie vor der Bühne. Der Unterschied jedoch ist, vor der Bühne ist man umzingelt von verrückten Beatlemania-Paul McCartney-Fans und die Euphorie von denen steckt eben an. Und so macht einfach jedes Konzert nochmal mehr Spass. Also das wäre eine Steigerung gewesen, die kaum möglich war. In meinem hintersten obersten, am weitesten von der Bühne entfernten Block, saßen eher Leute, die sich gern mal Paul McCartney anschauen wollten, weil er eben Paul McCartney ist und auch ganz gute Musik macht. Vor der Bühne, standen Leute, die sonst sterben würden, wären sie jetzt nicht wo sie sind. Diese Leute können Wort für Wort mitsingen. Die Musik der Beatles und Paul McCartneys hat ihr Leben geprägt oder besser, ist ihr Leben. Manch einer wird sagen, "diese Verrückten können mir gestohlen bleiben", ich sage: "diese Verrückten machen Konzerte unvergesslich und lassen sie in die Geschichte eingehen".
Würde man sich sonst an das Konzert der Beatles im Shea Stadium in New York 1965 erinnern?
Sehr oft zähle ich mich selbst zu den Verrückten. Hier leider fehlte mir das Geld zum Verrücktsein.
Der Altersdurchschnitt war geschätzte 45 Jahre. Viele Junge waren wirklich nicht da. Obwohl EINE Familie KOMPLETT angerückt ist. Da war selbst die 5jährige Tochter dabei. Ob das nun ihr Leben von diesem Tage an verbessern wird, kann man anzweifeln. Aber wenn man nicht weiß wohin mit dem ganzen Geld, dann war es eine äußerst kluge Entscheidung. Eine gute musikalische Bildung kann nie früh genug beginnen. Die Kleine hatte sogar ein Beatles T-Shirt an.
In meinem Block war außer Klatschen nicht viel los. Man kann sich auch schlecht bewegen auf so einem SITZplatz. Mir ist unklar, warum so viele Leute diese SITZplätze bevorzugen bei Konzerten. Ich finde keinen einzigen Vorteil.
Die Leute, die für 180 Euro einen Sitzplatz in der sonst "Stehplatz-Zone" ergattert hatten, durften teilweise aufstehen und zur Absperrung vor die Bühne gehen. Ihr glaubt nicht, wie gern ich das auch getan hätte.
Also sah es vorne, mit den rumhüpfenden Fans, dann doch nach Konzert aus und nicht nach einem Sonntagsständchen im Altersheim.
Ich fand sowieso komsich, dass es keine Stehplätze gab.
Ist ja nicht so, dass er ausschließlich Heul-Lieder gespielt hat und es keine Gelegenheit zum Tanzen gab. Ganz im Gegenteil, es gab kaum einen Song, in der die erste Reihe nicht ausgeflippt ist. Aber es gab gewisse Momente, wo man erstarrte.
Nach Blackbird sagte Paul folgendes:
"Sometimes in life you don't always say everything you want to say to people. And sometimes you don't tell people how much you love them and sometimes then they pass away and then it's too late. So it's a good thing I think to try to get it said while people are around. I wrote this next song for my friend John after he passed away. Let's here it for John! So I wrote this song and it's an imaginary conversation that I didn't have with him but I'll have it now."
Here Today war für John Lennon.
Man konnte an seiner Stimme hören, wie schwer es ihm fiel, diesen Song zu singen.
Und ab der Zeile "I'm holding back the tears no more, I love you" konnte auch ich meine Tränen kaum zurückhalten.
Damit man nicht 3h durchheulte, kamen Songs wie Obladi Oblada. Die komplette O2 Arena geriet ins Hüpfen und Schunkeln und selbst neben mir regte sich etwas.
Ich könnte jetzt lügen und behaupten, die alten Beatles-Hits waren die Highlights des Abends, aber einfach jeder seiner Songs hatte etwas unerwartet Mitreißendes.
Natürlich kamen Jubelschreie auf, sobald die ersten Töne von Eleanor Rigby zu hören waren.
Nach dem rockigen Back In The USSR und nach
"Oh thank you, you bonkers, Dankeschön, thank you very much"sagte er:
"That is a ukulele. (eine Mini-Gitarre) Yeah I thought you knew that. I don't know how many people knew that George was a very good ukulele player. Very good. Ich singe den nächsten Song für meinen Freund George. (Ja, er hatte es abgelesen, aber die Aussprache war unheimlich gut!) I say he is a really good player and he had a big collection of ukuleles and he gave me this one, the Gibson, beautiful, and I ran over to his house, I had one as well before he gave me this, I ran over to his house and there we were sitting around playing and he was playing all the George normal stuff eyaheyeey.....all that stuff haha, anyway I said to him you know I do one of your songs on the ukulele so I sang it for him and I sing it for you now."
Er sang Something. Anfangs allein mit seiner Ukulele. So gefühlvoll wie es keinem anderen Künstler gelingen würde. Als die Band einsetzte, sah man außerdem, auf einer riesigen Leinwand über der Bühne, Bilder von George. Es stimmt einfach alles bei seiner Show. Nach dem Song sah man diverse Mimik- und Körperbewegungen, die einem irgendwie sagten, was er dachte. Es schien, als freue er sich. Als freue er sich, dass ER den zum besten Liebeslied gewählten Song aller Zeiten singen darf und dass die Leute es lieben. Als freue er sich, dass er dem gerecht wird, was das Lied selbst ausmacht und dass auch George es geliebt hätte. Jetzt. In diesem Moment.
Nach jedem Song steht Macca eine halbe Ewigkeit da und bedankt sich mit Armen und Gitarre oder Bass in der Luft. Manchmal macht es den Anschein, als könne er selbst gar nicht glauben, wer er eigentlich ist. Dass man Gott ist, ist auch nicht so einfach zu verdauen.
Und dass er zu Gott geworden ist, hat er auch seiner lockeren Art zu verdanken. Als Paul McCartney könnte man sich ALLES erlauben, aber er macht einen so sympathischen und coolen Eindruck. Er ist glaube ich, der coolste Opa der Welt, wenn ich das mal so sagen darf.
Eine einzige Sache ärgerte mich. Und zwar war meine Kamera voll bevor Hey Jude und Yesterday kamen. Und gerade diese beiden Lieder wollte ich aufnehmen. Er hatte einfach zu viele Hits gespielt und ich wusste einfach nicht mehr, was wert war aufgenommen zu werden und was nicht. Am liebsten hätte ich alles komplett aufgenommen.
Leider musste ich also Drive My Car und Got To Get You Into My Life löschen, um Platz für die zwei anderen Songs zu haben.
Ich könnte mich selber in die Tonne treten, wenn ich nur daran denke. Ich hatte sie schon und jetzt doch nicht mehr. Ahhh. Nächste Mission ist also: 4GB Speicherkarte kaufen, weil bei 3h Konzerten nicht genug Platz drauf ist.
Ja er spielte wirklich fast 3h.

Was denkt ihr eigentlich, wie geil es ist, zu Lady Madonna oder Get Back abzugehen?! Oder Paperback Writer oder A Day In The Life (mit anschließendem Lennon Song Give Peace A Chance), Let It Be...
Hey Jude war wie ich es mir immer vorgestellt hatte. Es war ein einziger TRAUM! Und er sang es mit einem Lächeln. Und jeder sang mit. Und das garantiert auch mit einem Lächeln. Ich möchte ja immer Erlebtes weitergeben an andere und wenn ich könnte, würde ich jeden Einzelnen von euch sofort zu dem Konzert zurückbeamen, damit auch ihr das Unwirkliche sehen könnt. Ich bin immer der Meinung, so etwas verändert und prägt das Leben. Man verändert seine Sichtweisen und die Wertschätzung mancher Dinge. Denn plötzlich ist ein belangeloses Lied soviel mehr wert als man sich je hätte vorstellen wollen. Musik muss nicht einfach nur Hintergrundrauschen sein, Musik verändert Dinge, verändert Menschen, verändert das Leben. Musik ist das Leben.
Und wenn man das bei Hey Jude noch nicht spürt, dann doch spätestens wenn Paul McCartney SEIN Yesterday spielt. Gibt es etwas schöneres, was das menschliche Ohr wahrnehmen kann?
Ich bin so dankbar, dieses Konzert gesehen zu haben, Paul McCartney gesehen zu haben. Es war die beste spontane Idee, die ich je in meinem Leben hatte.

Ich hoffe, dass er sich das mit der angekündigten LETZTEN Tour seiner Karriere 2010 nochmal anders überlegt. Meinetwegen soll er 10 letzte Touren machen, wie so manch anderer Künstler. Ich sag ja nur Tina (Re)Turner.
Aber mal im Ernst, man kann sich doch eine Welt ohne Paul McCartney auf der Bühne gar nicht mehr vorstellen.
Ich bin außerdem glücklich darüber, dass er sich mit der Rolle als ewiger Beatle abgefunden hat. Nach Trennung der Beatles weigerte er sich eine Zeit lang Beatles-Songs zu spielen.
Und zum Schluss ein kleiner Hinweis von mir:
Solltet ihr zufällig mal denken, "sag mal der Typ da drüben sieht doch aus wie Paul McCartney!" Und solltet ihr diesen jemanden fragen, ob er es denn wirklich sei, dann sag ich euch was Paul McCartney antworten wird:
"Nein, ich bins nicht. Mir wurde schon oft gesagt, ich sehe ihm ähnlich. Aber glauben sie wirklich Paul McCartney würde einfach hier umher spazieren?"
Paule ist leidenschaftlicher Spaziergänger und das ist sein Standardspruch, wenn Fans ihn erkennen.
Die Beatles waren für mich bisher immer nur eine Art alte Legende. Es gab sie und sie veränderten die Welt. Doch dann waren sie weg.
Am 3. Dezember sind die Beatles für mich zum ersten Mal Wirklichkeit geworden. Zum ersten Mal konnte ich sie mir wirklich vorstellen, wie sie dastehen und spielen.
Sie sind also jetzt Wirklichkeit in meiner Vorstellung haha.
Paul dagegen ist pure Realität und wird uns hoffentlich noch sehr lange glücklich machen.
Setlist:
1. Magical Mystery Tour
2. Drive My Car
3. Jet
4. Only Mama Knows
5. Flaming Pie
6. Got To Get You Into My Life
7. Let Me Roll It / Foxy Lady
8. Highway
9. The Long and Winding Road
10. (I Want to) Come Home
11. My Love
12. Blackbird
13. Here Today
14. Dance Tonight
15. And I Love Her
16. Mrs Vanderbilt
17. Eleanor Rigby
18. Band on the Run
19. Ob-La-Di, Ob-La-Da
20. Sing the Changes
21. Back in the U.S.S.R.
22. Something
23. I've Got a Feeling
24. Paperback Writer
25. A Day in the Life / Give Peace A Chance
26. Let It Be
27. Live and Let Die
28. Hey Jude
29. Day Tripper
30. Lady Madonna
31. Get Back
32. Yesterday
33. Helter Skelter
34. Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band
2 Kommentare:
neid trifft es ganz gut
Paul McCartney
Guten Abend Berlin - Alles dufte
3.12.2009 O2 world Berlin
Audience Recording
Recording Equipment: SONY ECM-T6 Microphone>DENVER MP-531 MP3 Player>
PC Edited and Equalized with MAGIX MUSIC MAKER 2005
>MASTER wav (for trade only)
>MASTER 320kb mp3
Magical Mystery Tour
Drive My Car
Paul's Guten Abend Berlin - Alles dufte 1
Jet
Only Mama Knows
Flaming Pie
Got To Get You Into My Life
Let Me Roll It / Foxy Lady
Highway
The Long And Winding Road
I Want To Come Home
My Love
Blackbird - oops,with mistake!
Here Today
Dance Tonight
And I Love Her
Mrs. Vandebilt
Eleanor Rigby
Band On The Run
Ob-La-Di,Ob-La-Da
Sing The Changes
Paul's Alles dufte 2
Back In The USSR
Something
I've Got A Feeling
Paperback Writer
A Day In The Life / Give Peace A Chance
Let It Be
Live And Let Die
Hey Jude
Day Tripper
Lady Madonna
Get Back
Yesterday
Helter Skelter
Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band / The End
recorded by jaymz ;)
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